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Kognitive Ungeduld – Wenn Zerstreuung unser Denken lähmt

  • Autorenbild: Rients Goerbitz
    Rients Goerbitz
  • vor 5 Tagen
  • 3 Min. Lesezeit

Kognitive Ungeduld ist längst zu einer typischen Erscheinung unserer hypervernetzten Gesellschaft geworden. Im Alltag begegnet sie uns überall: In Gesprächen scheint das Gegenüber zuzuhören – doch wenig später wird klar, dass kaum etwas angekommen ist. Die Inhalte sind rasch wieder vergessen, wirkliche innere Beteiligung fehlt. Dieses Phänomen steht sinnbildlich für das, was passiert, wenn aus ständiger Zerstreuung echte Geduld und Konzentration verloren gehen.


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Was ist kognitive Ungeduld?


Kognitive Ungeduld beschreibt die mangelnde Fähigkeit, längere Zeit konzentriert bei einer einzigen Aufgabe zu bleiben – eine innere Unruhe, die uns ständig nach neuen, schnelleren und „spannenderen“ Reizen suchen lässt. Der Literaturwissenschaftler Mark Edmundson beobachtete, dass selbst viele Studierende klassische, komplexere Texte meiden, schlicht weil ihnen die Geduld und die Aufmerksamkeit fehlen, sich darauf einzulassen. Dieses Phänomen betrifft aber alle Lebensbereiche:


Wer sich nicht mehr auf eine Sache wirklich einlassen kann, verpasst nicht nur komplexe Gedanken, sondern nimmt auch einfache Informationen kaum noch auf.



Der Lärm der Ablenkung


Stille ist mittlerweile rar geworden. Stattdessen herrscht ein permanenter Lärm aus Nachrichten, sozialen Netzwerken und einem Strom von Informationen, die uns überallhin begleiten. Diese ständige Erreichbarkeit und Ablenkbarkeit vertreibt die nötige Ruhe, die Konzentration und Nachdenken überhaupt erst ermöglichen. Selbst wenn wir Zeit haben, herrscht das Gefühl, etwas zu verpassen (FOMO – Fear Of Missing Out) – oder dass es irgendwo noch etwas Interessanteres geben könnte.


Unsere Aufmerksamkeit zahlt dafür einen hohen Preis. Der Psychologe Daniel Goleman spricht sogar von einer gefährlichen Entwicklung, weil uns die Zerstreutheit die Fähigkeit nimmt, klar und selbstbestimmt zu denken und zu handeln. Aufmerksamkeit, meint er, ist ein entscheidender, oft unterschätzter Wert:


Wer sie nicht bewusst pflegt, verliert Einfluss auf seine Lebensgestaltung.



Wie wird Aufmerksamkeit „gestohlen“?


Goleman nennt diesen Zustand „kontinuierliche partielle Aufmerksamkeit“: Wir nehmen überall ein bisschen wahr, sind scheinbar immer präsent – aber nie mit voller Konzentration. Die Flut an Informationen überfordert das Gehirn, sodass es jedem Reiz nur einen kleinen Bruchteil an Aufmerksamkeit schenkt. Beim Lesen schweifen unsere Gedanken oft bis zu 40 Prozent der Zeit ab; das Gleiche gilt für Gespräche. Kein Wunder, dass später wesentliche Teile des Gehörten oder Gelesenen fehlen.


Je mehr wir uns ablenken lassen, desto größer werden die Lücken im Netz der Aufmerksamkeit – und desto weniger bleibt wirklich hängen. Das eigentliche Problem reicht jedoch tiefer: Ohne bewusste Konzentration verkümmert unsere Fähigkeit, zu planen, zu reflektieren und kritische Entscheidungen zu treffen.



Die Mechanik der Aufmerksamkeit


Unser Denken arbeitet in zwei Modi. Einerseits gibt es die automatische, reflexhafte Aufmerksamkeit, die auf Gefahr oder starke Reize reagiert. Andererseits existiert eine bewusste, nachdenkliche Aufmerksamkeit, die echte Selbstreflexion, Planung und kritische Überprüfung ermöglicht. Kognitive Ungeduld schränkt vor allem diese bewusste Ebene ein. Wir springen nur noch von Reiz zu Reiz und lassen uns leicht von Emotionen oder äußeren Impulsen lenken.


Das macht uns tief empfänglich für Manipulation – durch Werbung, Medien, aber auch durch Personen in unserem sozialen Umfeld. Ohne bewusste Fokussierung leben wir im Autopilot-Modus und verlieren ein Stück Selbstbestimmung.



Was bringt Wissen, wenn wir es nicht durchdenken?


Kognitive Ungeduld fordert dazu auf, innezuhalten: Was nützt es, viele Stunden zu lesen oder mit Freunden zu sprechen, wenn die Konzentration fehlt und Inhalte direkt wieder vergessen werden? Was bringt es, sich zu informieren, ohne die Nachrichten kritisch zu prüfen oder geistig wirklich anwesend zu sein?


Nur durch bewusste Medienwahl, regelmäßige Pausen und gezieltes Training von Konzentration und Achtsamkeit – zum Beispiel durch achtsamkeitsbasierte Stressreduktion wie MBSR, spezielle Programme gegen Stress und Burnout wie Mindful2Work und Routinen, die Stille und Präsenz fördern – lassen sich Aufmerksamkeit und geistige Tiefe bewahren. Wer diese Fähigkeit pflegt, bleibt auch in der Welt der ständigen Zerstreuung geistig vital und handlungsfähig.


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