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Mikroresilienz: Die Stärke, die wir jeden Tag trainieren

  • Autorenbild: Rients Goerbitz
    Rients Goerbitz
  • 11. Okt.
  • 4 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 24. Okt.

Wenn wir an Resilienz denken, kommen uns meist beeindruckende Geschichten in den Sinn – Menschen, die nach schweren Schicksalsschlägen ihr Leben neu aufbauen, die trotz Schmerz, Verlust oder Krankheit wieder aufstehen. Diese Erzählungen inspirieren, aber sie vermitteln oft den Eindruck, dass Resilienz nur in Ausnahmezuständen gefragt ist.

Dabei gibt es eine Form von Widerstandskraft, die viel leiser, aber ebenso bedeutsam ist:

die Mikroresilienz.


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Was Mikroresilienz bedeutet


Mikroresilienz hat nichts mit spektakulären Leistungen zu tun. Sie zeigt sich in den kleinen, unscheinbaren Handlungen, die uns helfen, mit alltäglichem Stress, Ärger und Erschöpfung umzugehen. Es ist die Fähigkeit, sich schnell zu fangen und weiterzumachen – oft, ohne dass es jemand bemerkt.


Man könnte sagen, Mikroresilienz ist wie ein Muskel, den wir mit Mini-Übungen trainieren: innehalten, bevor man in einer Diskussion impulsiv reagiert, bewusst eine ruhigere Antwort wählen, wenn Ärger aufsteigt, kurz lachen, wenn der Tag angespannt ist, oder sich an das erinnern, was Sinn gibt, wenn alles chaotisch scheint. Wir können die großen Stürme des Lebens nicht kontrollieren – aber wir können lernen, mit dem täglichen Nieselregen umzugehen.


Unser Alltag bietet viele Gelegenheiten, diese Fähigkeit zu stärken. Leider unterschätzen wir oft die Wirkung solcher Kleinigkeiten, weil sie nicht spektakulär wirken. Doch genau sie sind das Fundament, das uns trägt, wenn das Leben wirklich schwierig wird.



Die Kraft des Alltäglichen


Das Schöne an Mikroresilienz ist ihre Einfachheit. Niemand muss sein Leben komplett umkrempeln oder stundenlang meditieren, um resilienter zu werden. Es geht vielmehr darum, kleine Gewohnheiten zu entwickeln, die uns neue Energie, klare Gedanken und Gelassenheit schenken. Das kann heißen, bswp. vor einer stressigen Nachricht oder einem anstrengenden Telefonat bewusst die I-D-A-Übung nach Peter Paanakker auszuführen:


  1. Innehalten - dem Impuls sofort zu reagieren, zunächt widerstehen ...


  2. Durchatmen - ... und bewusst durchatmen und dabei vielleicht die Augen schließen und beobachten, wie sich die Atmung gerade anfühlt. Ist sie leicht, schwer, hektisch oder regelmäßig, flach oder tief? Durch weitere bewusste Atemzüge zunehmend ein Gespür für die gegenwärtige Situation bekommen und sie zunächst einmal so anzuerkennen und anzunehmen, wie sie gerade ist und dabei nicht versuchen die Situation zu kontrollieren oder zu regulieren.


  3. Anker spüren - Sich fragen; wie bin ich gerade? wie sitze ich? bin ich gut "verankert" bspw. auf meine Stuhl, meinem Sitz. Bin ich gut, bzw. hab ich mich gut versorgt? (mit Wasser, Kaffee, Tee, frischer Luft) Was braucht es ggf. noch um mit mir jetzt gut sein zu können?


Solche Mini-Pausen wirken wie kleine Energieschübe für unser seelisches Gleichgewicht. Sie schützen unsere innere Stabilität und machen uns widerstandsfähiger, wenn größere Belastungen kommen.


Wissenschaftliche Untersuchungen bestätigen, dass Menschen, die diese kleinen Strategien bewusst einsetzen, seltener an Erschöpfung und psychischem Stress leiden. Mikroresilienz stärkt somit langfristig das emotionale Immunsystem.



Die Säulen der Mikroresilienz


Ein wichtiger Bestandteil von Mikroresilienz ist die Fähigkeit, die Perspektive zu wechseln. Es geht nicht darum, Schwierigkeiten zu verdrängen, sondern sie in einem größeren Zusammenhang zu sehen. Statt zu denken „Immer läuft alles schief“, können wir uns fragen: „Was kann ich jetzt tun, um die Situation etwas zu verbessern?“ Dieser Perspektivwechsel verändert nicht sofort alles, aber er gibt uns einen Handlungsspielraum zurück.


Auch Selbstmitgefühl spielt eine zentrale Rolle. Freundlich mit uns selbst umzugehen, wenn etwas nicht gelingt oder wir uns überfordert fühlen, hilft mehr als Selbstkritik. Härte gegen sich selbst mag kurzfristig den inneren Antreiber stärken, doch auf Dauer schwächt sie. Nachsicht hingegen gibt uns die Ruhe, die wir brauchen, um wieder ins Gleichgewicht zu kommen.


Ein weiteres Fundament von Mikroresilienz sind unsere Beziehungen. Gespräche, gemeinsame Momente oder kleine Gesten des Beistands wirken wie emotionale Atempausen. Schon eine kurze Nachricht, ein Lächeln oder ein paar aufmunternde Worte können Energie zurückgeben und Verbundenheit schaffen.



Kleine Schritte, große Wirkung


Die Wirkung von Mikroresilienz summiert sich über die Zeit. Jede noch so kleine Handlung fügt sich zu einem Muster, das unsere innere Stabilität stärkt. Wie beim Sparen entstehen aus vielen kleinen Beiträgen nach und nach wertvolle Rücklagen – nur dass wir hier in unsere mentale Kraft investieren. Diese kleinen Pausen, Blickwechsel oder Akte der Selbstfürsorge bilden einen psychologischen Puffer, der uns auffängt, wenn das Leben uns stolpern lässt.

Mikroresilienz verlangt keine Heldentaten, sondern Aufmerksamkeit und Beständigkeit. Es reicht, regelmäßig wahrzunehmen, was uns Kraft kostet – und was uns Kraft gibt – und danach zu handeln.


Vielleicht wird diese leise Stärke nie in Schlagzeilen erwähnt, aber sie ist es, die uns in Bewegung hält. Mikroresilienz ist die Kunst, für sich selbst zu sorgen, um auch für andere da zu sein – Schritt für Schritt, Tag für Tag, in all der Unvorhersehbarkeit des Lebens.


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Quellen:

  • Zietse, J. et. Al. (2025) Daily resilience: A systematic review of measures and associations with well-being and mental health in experience sampling studies.

  • Ong, A. D. & Leger, K. A. (2022) Advancing the Study of Resilience to Daily Stressors

 
 
 

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